Das Evangeliar Heinrichs des Löwen
Das Evangeliar Heinrichs des Löwen ist eine der großen Schöpfungen der romanischen Buchkunst und durch die Intentionen seines Stifters zugleich ein eindrucksvolles Zeugnis für den dynastischen Anspruch und das hohe Selbstbewusstsein des Herzogs. Das Buch ist die einzige als Stiftung eines Herrschers ausgewiesene liturgische Evangelienhandschrift des 12. Jahrhunderts, die aus staufischer Zeit erhalten geblieben ist. Sie knüpft an die großen Stiftungen von Prachthandschriften durch karolingische, ottonische und salische Kaiser und Könige an. Herzog Heinrich der Löwe hat sie, gemeinsam mit seiner Gemahlin Mathilde, dem ab 1173 errichteten Braunschweiger Dom anlässlich der Weihe des Marienaltars im Jahr 1188 gewidmet.
Über die Entstehung des Codex wird am Schluss des Widmungsgedichtes mitgeteilt, dass es das Werk des Mönches Herimann aus der Benediktinerabtei Helmarshausen an der Diemel sei. Wie aus der Bezeichnung der Handschrift, Evangeliar, hervorgeht, enthält sie die Worte des Evangeliums, wie sie in den vier Berichten von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes überliefert sind und zur immer wieder neu anzueignenden Wahrheit der christlichen Kirche gehören. Der liturgische Brauch der Lesung aus den Evangelien bei der Messe hatte schon früh dazu geführt, die Evangelientexte in einem gesonderten Buch aus der Gesamtbibel herauszunehmen. Ihre hohe liturgische Funktion war auch der Grund für die besonders kostbare Ausstattung gerade dieser Bücher, denen als Träger der heiligen Texte die Verehrung von Kultgegenständen entgegengebracht wurde. Bis zum 12. Jahrhundert hatte sich dafür schon eine lange Tradition etabliert.
In der Domkirche St. Blasii, dem Braunschweiger Dom, befindet sich ein Faksimile des Evangeliars Heinrichs des Löwen. Die Original-Handschrift wurde am 6. Dezember 1983 in einer Gemeinschaftsauktion der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Niedersachsen, des Freistaates Bayern und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin in London ersteigert und befindet sich heute in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Das Evangeliar gehört durch seine ungewöhnliche Prachtentfaltung und dem hohen künstlerischen Niveau zu den bedeutendsten Werken romanischen Buchmalerei.